Und wie wohnst du? – Die Wohnkampagne der ÖH

7. November 2023

Wohnen ist für viele Studierende eine große finanzielle Herausforderung. Die extreme Teuerung verschärft diesen Zustand noch mehr. Es besteht dringender Handlungsbedarf, doch von der Politik kommt zu wenig. Wir nehmen uns diesem Thema an, stellen gemeinsam mit dir Forderungen an die Politik und kämpfen für unser Recht auf leistbaren und guten Wohnraum!

 

*Wir, die Österreichische Hochschüler_innenschaft, halten uns frei die Inhalte die mit uns über dieses Formular geteilt werden, im Rahmen dieser Kampagne anonymisiert zu veröffentlichen.

FORDERUNGEN DER ÖH ZU LEISTBAREM UND GUTEM WOHNEN FÜR ALLE STUDIERENDE

Gerade Studierende, die vermehrt unterhalb der Armutsgrenze leben müssen, sind von den enormen Teuerungen betroffen und kämpfen seit Monaten damit, die immer teurer werdenden Mieten zu stemmen. Besonders zu Beginn des Semesters zeigen sich die klaffenden Lücken in der österreichischen Wohnpolitik: Durch Studienbeginn und –wechsel und Auslandssemester häufen sich dort nicht nur die Umzüge, sondern auch die Probleme.

Horrende Mieten, illegale Klauseln im Mietvertrag, baufällige Wohnungen, grundlose Befristungen. Unzählige Studierende suchen monatelang vergeblich nach einer Bleibe, die leistbar, lebenswert und erreichbar ist. Dass sich diese Probleme enorm häufen, spüren wir an der ÖH deutlich: Unsere Wohn- und Mietrechtsberatung haben wir verdoppelt, um den vermehrten Anfragen von Studierenden Antworten zu bieten.

Die enorme Teuerung und die seit über eineinhalb Jahren ungebremsten Preissteigerungen am Wohnungsmarkt fallen aber nicht einfach so vom Himmel, sondern sind das Resultat politischen Versagens. Denn schon vor eineinhalb Jahren haben zahlreiche kluge Köpfe dringlichst Maßnahmen eingefordert. Weil nun eben schon vor eineinhalb Jahren klar war, dass die Mieten unaufhaltsam steigen, wenn nicht eingegriffen wird.

Um tatsächlich Entlastung für Studierende und weiterführend alle Menschen in Mietverhältnissen zu schaffen, muss jetzt gehandelt werden. Wir fußen unsere Forderungen breit: Von Studierendenwohnheimen über geförderten Wohnbau bis hin zum freien Wohnungsmarkt: Das Grundrecht auf leistbares Wohnen muss gewährleistet werden.


UNSERE FORDERUNGEN AN DEN WOHNUNGSMARKT

Einrichtung eines echten Mietpreisdeckels

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass das vermieter_innenfreundliche Mietrechtsgesetz, das ohnehin in nur wenigen Fällen zur vollen Anwendung kommt, Mietsteigerungen in enormen Sprüngen zulässt. Wohnen ist ein Grundrecht und soll kein Paradies für Investoren sein. Mieten müssen also sinnvoll gedeckelt werden! Die beste Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen, sind staatlich oder kommunal errichtete Wohnungen, die nach dem Kostendeckungsprinzip vergeben werden – dies ist der nachhaltigste Weg, um Wohnraum zu schaffen, der jeglicher Profitlogik entzogen ist.

Bestehende Verträge und Wohnungen außerhalb des gemeinnützigen Bereichs sollten durch eine Anpassung oder den Wegfall der Wertsicherungsklausel so angepasst werden, dass nicht wie zuletzt Mieterhöhungen von 20% in nur zwei Jahren möglich sind. Die Koppelung der Mieterhöhung an den VPI hat sich in den letzten Jahren als äußerst problematisch erwiesen und lässt sich auch in keinem Fall durch Erhaltungsaufgaben oder Ähnliches erklären. Um die Explosion der Mieten aufzufangen, dürften Vermieter_innen in den kommenden Jahren keine weiteren Anhebungen des Mietzinses vornehmen können, danach ist eine Deckelung bei höchstens drei Prozent jährlich anzustreben.


Leerstandsabgabe für leerstehende Wohnungen

Fakt ist, wir wissen in Österreich nicht wie viel Leerstand es gibt – die Schätzungen gehen von mindestens 600.000 leerstehenden Wohneinheiten aus.

Warum Leerstand ein Problem ist? Wohnungen die dem Mietmarkt entzogen sind schmälern selbigen und treiben damit die Preise für Mieter_innen in die Höhe oder sorgen dafür, dass weitere Wohnungen im in den Städten ohnehin schon begrenzten Raum errichtet werden müssen. Die häufigsten Ursachen für Leerstand sind Wohnungen als Immobilienanlage oder Spekulationsobjekt – Stichwort Betongold – sowie das angeblich so restriktive Mietrecht und insbesondere auch die Vermietung von Wohnungen für Kurzaufenthalte, wie über AirBnB.

Wir fordern, dass Wohnungen ihrem eigentlichen Zweck – dem langfristigen Wohnen – zugeführt werden sollten, um den angespannten Mietmarkt zu entlasten und das Geschäft mit Wohnimmobilien zu bremsen. Zuerst müsste eine verpflichtende Leerstandsmeldung wie etwa in Deutschland eingeführt werden – anschließend könnte eine flächendeckende Leerstandsabgabe den Anreiz liefern jenen dringend benötigten, bereits existierenden Wohnraum nicht ungenutzt brachliegen zu lassen.


Ende der befristeten Verträge

Seit der Einführung von befristeten Mietverträgen im Jahr 1994 hat diese Vertragsform gegenüber unbefristeten Verträgen die Überhand gewonnen – kein Wunder, schließlich sind die Vorteile für Vermieter_innen enorm: Da der Mietvertrag nach minimal drei Jahren automatisch endet haben die Vermieter_innen das Wohnschicksal ihrer Mieter_innen in der Hand. Vermeintlich lästige Bewohner_innen, die im Zuge ihres Mietverhältnisses auf ihre Rechte und wichtige Reparaturen bestanden haben, können nach Ablauf der Vertragsdauer bequem – also ohne triftige Gründe – vor die Türe gestellt werden. Selbiges gilt natürlich auch dann, wenn unrechtmäßig hohe Mietzinse in Frage gestellt und deren Berichtigung vor der Schlichtungsstelle oder dem Gericht gefordert wird. Die kurzen Befristungen von drei Jahren sind zudem gewaltige Preistreiber am Wohnungsmarkt, immerhin kann die Miete bei einer Verlängerung neu festgelegt werden. Entweder der neue Mietzins wird akzeptiert – oder die Mieter_innen müssen sich ein neues Zuhause finden. Für die Mieter_innen gibt es nur im schwindenden Segment der „Altbauwohnungen“ einen kleinen Trost durch einen verpflichteten Abschlag auf die Miete bei Befristung. Sonst nichts.

Das Mietrechtsgesetz bietet auch ohne Befristungen genug Flexibilität für Vermieter_innen – die ewige Mär einer Quasi-Enteignung bei unbefristeten Verträgen kann nicht im Geringsten ernstgenommen werden. Wir sehen im Sinne einer progressiven Wohnpolitik keinen Grund an Befristeten Verträgen festzuhalten, die Mieter_innen fortlaufender Ungewissheit und einer enormen Preisspirale ausliefern.


Lagezuschläge neu aufstellen

Mit der Einführung der Richtwertmieten wurde auch die Möglichkeit von Lagezuschlägen eröffnet. Diese sollen höhere Grundstückspreise und andere Besonderheiten einer Wohnanlage am freien Mietmarkt reflektieren. Faktisch stellen sie vor allem im urbanen Raum für viele Vermieter_innen einen Freibrief dar, den Mietzins zu erhöhen – kaum ein Ort in der Stadt, der nicht von guter Infrastruktur profitieren würde. Anstatt dies als die Norm anzunehmen, gibt es für Parks, Spielplätze, Anbindung an den öffentlichen Verkehr etc. teils saftige Erhöhungen der Mieten – Abschläge, die in der Theorie auch vorgesehen wären kommen in der Realität kaum vor. Die nicht selten von der Immobilienindustrie gestellten Sachverständigen zur Feststellung der Höhe Lagezuschlags handeln freilich im Sinne ihrer Auftraggeber und gegen die Interessen der Mieter_innen.

Selbst der Oberste Gerichtshof hat unlängst festgestellt, dass die Verfahren zur Ermittlung berechtigter Zuschläge alles andere als optimal verlaufen. Wir fordern daher eine Reform des Systems der Lagezuschläge. Wohnpolitik muss neu gedacht werden und darf nicht länger Spielball für Investments sein.


UNSERE FORDERUNGEN AN DEN GEFÖRDERTEN WOHNBAU UND BEIHILFEN

Auswärtigkeitszuschlag in der Studienbeihilfe verdoppeln

Dass der Zuschlag für auswärtige Studierende die Wohnkosten der Studierenden am Wohnort abbilden sollte, wird schon aus der Stammfassung des jetzigen Studienförderungsgesetzes aus dem Jahr 1992 klar. In der dortigen Regierungsvorlage heißt es:

“Diese Bestimmung legt in den Abs. 1 und 2 die beiden wesentlichsten Fälle fest: Studienbeihilfenbezieher, die bei den Eltern wohnen können; Studienbeihilfenbezieher, die wegen der Entfernung zum Studienort einen eigenen Wohnsitz am Studienort gründen müssen.” Regierungsvorlage der StF 473, BlgNR XVIII. GP 34, abrufbar unter: https://www.parlament.gv.at/dokument/XVIII/I/473/imfname_261290.pdf)

Noch klarer geht es aus der Regierungsvorlage einer frühen Novelle des Jahres 1994 hervor:

“Entscheidend ist ausschließlich, daß es dem Studierenden wegen der großen Entfernung des Studienortes nicht möglich ist, während des Studiums bei den Eltern (im Fall der Trennung der Eltern: bei einem Elternteil) zu wohnen. Die Begründung des Wohnsitzes am Studienort kann auch später oder früher als die Studienaufnahme erfolgt sein. Damit soll den erfahrungsgemäß oft auftretenden Problemen Studierender am Wohnungsmarkt Rechnung gezollt werden und die Zufälligkeit des Zeitpunkts der Wohnsitzbegründung keine Rolle für die Höhe der Studienbeihilfe mehr spielen. Maßgeblich sind allein die Notwendigkeit eines von den Eltern getrennten Wohnsitzes am Studienort und die damit verbundenen Mehrkosten. Regierungsvorlage, 1591, BlgNR XVIII. GP 34,abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/dokument/XVIII/I/1591/imfname_263139.pdf

Der Zuschlag für Auswärtige Betrug bei der Novelle 1994: 3.000 öSchilling, was 218 Euro entspricht. Im Jahr 2023 beträgt der Zuschlag für Auswärtige 250 Euro. Der Zuschlag wurde somit zwischen 1994 und 2023 um 15 % erhöht. Die Preissteigerung lt. VPI 86 zwischen 1994 und September 2023 beträgt aber 93 %.

Erwähnenswert ist hier noch, dass die Preissteigerung der Wohnkosten vermutlich über dem allgemeinen Preisanstieg, den der VPI abbildet, liegt.


Ausbau von gefördertem Wohnbau gerade in Universitätsstädten

Klar ist, dass die Gemeinden aller Städte dazu aufgefordert sind, mehr geförderten und leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Besonders dringlich ist die Situation dabei in Städten, wie Wien, Innsbruck, Graz, Salzburg, Linz oder Leoben, die große Universitäten und Fachhochschulen haben und dadurch viele Studierende dort auf Wohnraum angewiesen sind. Vor allem in Universitätsstädten explodieren die Mieten geradezu und ein WG Zimmer unter 400 Euro ist eine Seltenheit geworden. Für die ÖH ist klar: Es ist die Verantwortung von Bund, Land und Gemeinde den Ausbau von geförderten Wohnbau voran zu treiben und sicherzustellen, dass Studierende Anspruch dazu haben. 

 

Zugang für Studierende bei gefördertem Wohnen

Die Voraussetzungen für die Wohnbeihilfen unterscheiden sich stark von Bundesland zu Bundesland. Ob Studierende gefördert werden, hängt von den jeweiligen Bestimmungen des Bundeslandes ab. Bei Untermieten und in Wohngemeinschaften ist es schwierig bis unmöglich, eine Beihilfe zu bekommen, da Beihilfen nur für den_die Hauptmieter_in gewährt werden. Und das nur unter oft restriktiven Voraussetzungen (etwa in Wien eines monatlichen Einkommens von 1.053,64 Euro). 

Für Studierende in Wohnheimen ist die Situation noch ärger, diese werden sogar aktiv von Wohnbeihilfen ausgeschlossen. Da stellt sich natürlich die Frage, für wen diese Beihilfen denn eigentlich sein sollten, wenn nicht für jene, die sich das Wohnen kaum leisten können. 

Einen Zugang zu Gemeindewohnungen haben Studierende oft auch nicht. Hier schließen strenge Voraussetzungen Studierende auch schnell aus. Etwa in Wien, wo Studierende, die fürs Studium erst in die Stadt ziehen, mind. 2 Jahre dort leben müssen, bis sie Anspruch bekommen. Dazu kommen dann noch ewig lange Wartelisten, bis man einen Platz überhaupt erhält. 


UNSERE FORDERUNGEN FÜR STUDIERENDENWOHNHEIME

Wiedereinführung der staatlichen Studierendenheimförderung

Studierendenwohnheime sind längst nicht mehr die kostengünstige Alternative, die sie einst waren. Tatsächlich sind seit 2009 die Kosten stärker als jede andere Wohnform angestiegen: um satte 48%! Und wie so oft sind genau Arbeiter_innenkinder am stärksten von diesen Teuerungen betroffen – häufig müssen diese während dem Studium bei ihren Eltern bleiben. 

Und woher kommen diese Kosten? Dieser drastische Anstieg ist unter anderem auf den zunehmenden Ausbau von privaten, gewerblichen Wohnheimen zurückzuführen. Im Kontrast zu gemeinnützigen Heimbetreiber_innen, die nur kostendeckend arbeiten dürfen, drücken private Anbieter_innen Preise stark in die Höhe – nicht selten bis zu 900€/Einzelzimmer. 

Um Wohnheime wieder zu dem zu machen, wofür sie einst konzipiert wurden, muss die staatliche Studierendenheimförderung wieder eingeführt werden, die es bis 2011 gab. Nur so können Wohnheime wieder leistbare Benützungsentgelte verlangen, die die Kosten der Heime abdecken – wie etwa längst fällige Reparaturen und Renovierungen. 


Gesetzliche Verankerung von guten Wohnbedingungen

Derzeit sind Studierende den Wohnbedingungen in ihren Studierendenwohnheimen und damit den Heimbetreiber_innen völlig ausgesetzt. Darunter auch private Heimbetreiber_innen, deren Profitmaximierungen auf Kosten der Studierender und ihrer Wohnqualität geht. Die staatliche Studierendenwohnheimförderung wurde 2011 abgeschafft und das hatte direkte Folgen: Heimbetreiber_innnen, vor allem gemeinnützige, die das Wohnen möglichst leistbar anbieten wollen, fehlt seit Jahren das Geld, um notwendige Umbau- und Renovierungsarbeiten zu finanzieren. Damit werden die Kosten für die Studierende immer teurer und die Wohnstandards dabei immer schlechter. Die Coronakrise und Teuerung hat das Problem von zu wenig leistbaren und qualitätsvolle Wohnraum für Studierende nur weiter verstärkt. Das wollen wir als ÖH verändern. Einerseits fordern wir seit Jahren die Wiedereinführung der Studierendenwohnheimförderung und andererseits wollen wir “gute Wohnbedingungen” endlich auch gesetzlich verankern, um das Recht von Studierende auf nachhaltige, moderne und qualitative Wohnbedingung langfristig abzusichern.

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